Man könnte angesichts der Vergleichbarkeit von E-Scootern mit E-Bikes mutmaßen, dass auch hier eine 1,6 Promillegrenze für das Fahren gilt, bevor man Gefahr läuft seinen Führerschein bzw. seine Fahrerlaubnis zu verlieren. Das sah nun das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem Urteil vom 08.05.2023, Az. 1 Ss 276/22, anders, zu Recht. Allerdings hätte auch ein Fahrrad dem Mann nicht geholfen.
Der angeklagte Mann hatte sich im Frühjahr 2022 einige alkoholische Getränke – Wodka-Mischgetränke und Bier- einverleibt. Seine Blutalkoholkonzentration lag am Ende des Abends bei 1,64 Promille. Er entschloss sich dennoch den E-Scooter zur Rückfahrt nach Hause zu nehmen.
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hatte den Mann sodann wegen einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 20 Euro und zu einem Fahrverbot von 6 Monaten verurteilt. Nach ständiger Rechtsprechung macht sich nämlich wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB strafbar, wer mit 1,1 Promille oder mehr ein motorisiertes Gefährt benutzt. Für E-Scooter gilt dasselbe.
Im Übrigen hätte ihm bei dieser Promillezahl auch das Nutzen eines Fahrrades nicht geholfen – hier gilt nämlich, dass ab 1,6 Promille eine Strafbarkeit gegeben ist.
Knackpunkt ist: Die Fahrerlaubnis wurde dem Verurteilten nicht entzogen.
Dann wird es juristisch spannend, denn hiergegen wendete sich die Amtsanwaltschaft mit einer sog. Sprungrevision zum Oberlandesgericht. Das OLG Frankfurt folgte deren Ansicht und hat das amtsgerichtliche Urteil insoweit aufgehoben, als dass es die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Bestimmung einer Sperrfrist für die Neuerteilung abgelehnt hatte.
Begründet hat das OLG dies so:
Die die Fahrerlaubnis sei zwingend zu entziehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür gegeben sind (Paragraph 69 Abs. 1 Satz eins StGB). Dies sei der Fall, „wenn sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist“. Es bestehe kein Raum für ein Messen oder eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Begehung einer Trunkenheitsfahrt begründe eine Regelvermutung für die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen. Das kann nur widerlegt werden wenn sich die Tatumstände von Durchschnittsfall deutlich abheben würden, sodass in seltenen Ausnahmen von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgewichen werden kann. Derartige Gründe hat das Amtsgericht hier zu Unrecht angenommen. Insbesondere ist unerheblich, dass der Mann nicht Auto, sondern E-Scooter gefahren ist. Nach der Wertung des Verordnungsgebers sind auch Elektrokleinstfahrzeuge – wie E-Scooter – Fahrzeuge (Paragraph 1 eKFV) und unterliegen damit den für sie geltenden allgemeinen Vorschriften.
Auch der Hinweis des Amtsgerichts, dass die Benutzung eines E-Scooters durch den betrunkenen Fahrer weniger gefährlich für andere Menschen sei, überzeuge nicht. Auch hier können ganz erhebliche bis zu tödliche Verletzungen von anderen Radfahren oder Fußgängern verursacht werden. Außerdem verwies das OLG auf mögliche Ausweichtmanöver stärker motorisierter Verkehrsteilnehmer durch Fahrfehler des Scooter Fahrers. Bezweckt wird mit der Entziehung der Fahrerlaubnis ganz allgemein der Schutz der Sicherheit des Straßenverkehrs.
Das Amtsgericht hat nun die Sache neu zu verhandeln und zu entscheiden, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der neue Tatrichter Feststellungen Treffer die die Regel für Motoren hier tragfähig wieder liegen können. Dass der E-Scooter-Fahrer jedoch nun wieder der Entziehung der Fahrerlaubnis entgeht ist überaus unwahrscheinlich.